Würzen, Parfümieren, Verstärken: 5 Möglichkeiten, um den Geschmack Deiner Speisen zu steuern
Ohne eine kleine Prise Salz schmeckt den meisten Menschen selbst das zarteste Rumpsteak nicht wirklich. Und selbstgemachte Marmelade muss zwar nicht unbedingt zuckersüß sein, aber schmeckt auch nicht wirklich hervorragend, wenn die Säure zu intensiv ist.
Wenn Du gerne kochst und backst (und schlemmst), dann weißt Du, wie rasch man an die geschmacklichen Grenzen einer Zutat stoßen kann. Das kannst Du entweder akzeptieren oder diese Grenzen durchbrechen. Dafür stehen Dir Techniken zur Verfügung, von denen Du manche vielleicht nicht kennst.
Der oft verkannte Unterschied: Geschmack, Würze und Aroma
Auf rein biologischer Ebene kann der Mensch fünf verschiedene Geschmacksrichtungen wahrnehmen:
- Bitter
- Salzig,
- Sauer,
- Süß und
- Umami – das ist der aus dem Japanischen stammende Fachbegriff für den Geschmack von Fleisch.
Das ist jedoch nur das, was unsere Zunge schmecken kann; die sogenannte gustatorische Wahrnehmung. Um einen Geschmack in seiner Gänze zu erfassen, kommt noch unser Geruchssinn hinzu; die olfaktorische Wahrnehmung – aus dem Grund schmeckt alles fade, wenn wir erkältet sind.
Insgesamt ist der Mensch daher in der Lage, zigtausende unterschiedliche Geschmacksrichtungen klar zu unterscheiden – denke beispielsweise an den dramatischen Unterschied zwischen Zitronen- und Himbeereis.
Hier nun der Knackpunkt: Sehr viele Menschen (selbst die, die es eigentlich besser wissen sollten), sprechen grundsätzlich nur von Würze oder Aroma – beispielsweise „Aroma“ als Alternative zu „Geschmack“. Dabei gibt es hier ganz konkrete Unterschiede. Um zu verstehen, wie Du Speisen verändern kannst, ist es nötig, sie zu kennen:
- Geschmack: Bezeichnet strenggenommen nur die fünf genannten Eindrücke der Zunge. Wird jedoch fachlich korrekt als Gesamtheit der Sinneseindrücke von Zunge und Nase verwendet.
- Würze: (die Eigenschaft, nicht das Produkt) Damit werden nur Maßnahmen bezeichnet, die den vorhandenen Eigengeschmack einer Speise oder einzelner Zutaten hervorheben bzw. verstärken.
- Aroma: Hierbei wird eine zusätzliche Zutat genutzt, um den Geschmack um eine weitere Note zu ergänzen oder gänzlich zu ändern.
Wenn man es ganz lehrbuchmäßig haben möchte, sieht es so aus:
- Die Obergruppe nennt sich Gewürzmittel. Dahinter verbergen sich beispielsweise:
- Gewürze, die immer aus Pflanzenteilen bestehen und (paradoxerweise) ausschließlich dem Aromatisieren dienen.
- Würzen (Produkte, nicht die Eigenschaft), die erst durch chemische Prozesse entstehen.
- Gewürzzubereitungen aus Gewürzen und anderen geschmackssteuernden Stoffen.
- Gewürzsalze als Mischungen aus Gewürzen und Salz(en).
Du merkst es vielleicht: Die Unterschiede können durchaus fließend sein. Beispielsweise lässt es sich darüber diskutieren, ob etwas Senf in einer Sauce nur den Geschmack verstärkt oder ihn ändert – und ob es sich um ein Gewürz oder eine Würze handelt.
Dadurch hast Du jedoch einige Möglichkeiten, um den Geschmack zu verbessern. Doch wie?
Info:
Aromatisierende Zutaten werden typischerweise im Verhältnis 1 : 1.000 angewendet. Das heißt, ein Gramm beispielsweise eines Gewürzes pro Kilogramm Lebensmittel.
Halte Dich jedoch nicht zu sehr an diese Regel, sondern taste Dich gerade bei sehr intensiv schmeckenden Zutaten sehr vorsichtig heran.
1. Die Speisereihenfolge steuern
Hast Du schon einmal ein Eis gegessen und danach einen Schluck Limo getrunken? Wahrscheinlich wird die Brause Dir deutlich säuerlicher, zumindest aber weniger süß vorgekommen sein, als hättest Du sie ohne das Eis genossen. Mitunter kann sie sogar fast wie Mineralwasser schmecken.
Mit diesem verblüffenden Effekt hast Du bereits eine ziemlich simple, aber dennoch hochwirksame Möglichkeit gefunden, den Geschmack von Speisen stark zu beeinflussen: indem Du die Reihenfolge anpasst und/oder die Zutaten einer Speise sorgsam aufeinander abstimmst.
Der dahinterstehende Grund dafür ist eine Art Überladung unseres Geschmackseindrucks: Je intensiver etwas schmeckt, desto intensiver muss eine darauffolgende Speise mit ähnlichem Geschmack sein, um noch etwas zu bewirken. Natürlich funktioniert das ebenso umgekehrt. Würdest Du beispielsweise in eine Zitrone beißen (sehr sauer) und dann einen Schluck Cola (sehr süß) trinken, würde die Süße sich deutlich intensiver anfühlen.
2. Räuchern
(Holz-) Rauch gehört ganz eindeutig zur Kategorie der Aromen. Denn hierbei geht es immer darum, einen bestehenden Geschmack zu ergänzen. Dabei ist Rauch eine jener Maßnahmen, die eher zwangsläufig entstanden:
Heiß- und Kalträuchern war vor Erfindung von Eis- und Kühlschränken eine der wenigen Möglichkeiten, Lebensmittel (vor allem fleischiger Natur) länger haltbar zu machen. Dabei findet je nach Temperatur entweder nur ein Trocknungs- oder Garungsprozess statt. Da es sich beim Rauch jedoch immer um eine Mischung aus Gasen sowie Asche- und Rußpartikeln handelt, werden dabei automatsch Geschmacksträger, respektive Aromen auf und in die Speise eingebracht.
Zwar waren ursprünglich Raucharomen nur unvermeidbar. Man erkannte jedoch rasch, wie gut sie gerade Fleischgeschmack verbessern können. Heute hast Du zudem mehrere Optionen, um hierbei sehr zielgerichtet zu steuern. Du kannst einen speziellen Smoker nutzen, kannst mit anderen Grills und Räucherchips arbeiten, kannst aber ebenso Smoke-Aromen einfach als weitere Zutat in Deine Speisen einarbeiten.
Doch Vorsicht: Wie bei allen Aromen und Würzen gibt es eine Grenze zwischen „köstlich“ und „zu viel des Guten“.
Wichtig: Beim Räuchern darfst Du grundsätzlich nur unbehandeltes und zudem schimmelfreies Holz verwenden. Alles andere beeinträchtigt zumindest den Geschmack, kann aber sogar giftig sein.
3. Parfümieren
Denkst Du beim Parfümieren nur daran, vor dem Badezimmer zu stehen und Duftwässerchen aufzutragen? Dann hast Du wahrscheinlich noch keine Erfahrung damit, wie ein ähnliches Prinzip genutzt werden kann, um Speisen beträchtlich aufzupeppen.
Ungleich zu dem, was der Begriff vermuten lässt, geht es hier jedoch nicht (nur) darum, eine Speise anders riechen zu lassen. Beim Parfümieren von Speisen geht es (wie beim Parfümieren im Bad) darum, eine charakteristische, aber immer unaufdringliche Note hinzuzufügen. Beim Essen soll diese den Geschmack begleiten – wenngleich das tatsächlich hauptsächlich über die Nase geschieht; allerdings beim Essen, nicht beim Riechen daran.
Parfümieren zeichnet sich immer dadurch aus, Zutaten mit einem ausgeprägten Eigenaroma zu nutzen. Besonders wichtig dafür sind:
- Alkoholische Getränke, vor allem Spirituosen und Liköre;
- Kräuter, insbesondere, wenn sie nicht untergemischt, sondern nur (etwa gebündelt) beim Garen Kontakt zur Speise haben;
- Öle bzw. Essenzen, die häufig durch das Einlegen von Zutaten oder das Extrahieren ihrer Aromen hergestellt werden. Hierzu gehören ätherische Öle.
Das heißt, von einem Schuss Rum für einen Tortenboden bis zu Rosenwasser in nahöstlichen Gerichten gibt es mehrere Wege, um zu Parfümieren. Doch beim Kochen/Backen wie vor dem Spiegel gilt immer: weniger ist meistens mehr.
Übrigens: Aus demselben Grund solltest Du Dich selbst nicht unbedingt vor dem Kochen oder Servieren frisch parfümieren. Dein Geruch kann mitunter über das olfaktorische System den Geschmack negativ beeinträchtigen. Ähnlich verhält es sich natürlich mit anderen intensiven Gerüchen.
4. Aromatisieren
Du hast nun gelernt, dass es beim Aromatisieren immer darum geht, dem bestehenden Geschmack einer Speise einen weiteren hinzuzugeben. Strenggenommen ist deshalb bereits die Grenze zwischen dem Aromatisieren und dem Parfümieren reichlich diffus – vielfach kommt es wirklich auf die einzelne Speise an, um zu definieren, in welche Kategorie eine solche Zusatz-Zutat fällt.
Allerdings gibt es dennoch beim Aromatisieren eine große Gemeinsamkeit: Dafür kommen praktisch ausschließlich pflanzliche Stoffe zum Einsatz. Das kannst Du Dir sogar als Leitsatz merken: Wenn ein Gewürz (mehrheitlich) aus pflanzlichen Bestandteilen besteht und in der Speise verbleibt, dann bedeutet seine Nutzung meistens ein Aromatisieren.
Das wiederum lässt sich in vier eigenständige Kategorien einteilen – je nachdem, von welchem Pflanzenbestandteil wir sprechen:
- Schoten (etwa bei Pfeffer, Chili oder Vanille)
- Blütenbestandteile (bspw. Safran, Salbei oder Kapern)
- Beeren, Früchte und Samen (Paprika, Wacholder, Muskat oder Piment)
- Wurzeln (u. a. Knoblauch, Ingwer, Sesam und Petersilie)
Teilweise werden die Beeren, Früchte und Samen einzeln genannt, wodurch sich sechs Kategorien ergeben. Beides ist jedoch gleichermaßen richtig, da Beeren Früchte sind und beide wiederum Samen enthalten.
Da verschiedene Aromastoffe jedoch teilweise sehr intensiv wirken, solltest Du hier besonders vorsichtig sein. Das gilt nicht zuletzt dort, wo (zusätzlich) Schärfe hinzugefügt wird. Diese wird von vielen Menschen völlig unterschiedlich wahrgenommen.
5. Würzen
Sehr vieles, was wir landläufig als Würzen bezeichnen, fällt eigentlich unter das Aromatisieren. Verständlich, wenn Du Dich jetzt fragst, was dann noch als „echtes“ Würzen übrigbleibt.
Tatsächlich vieles. Als erstes wäre hier Salz zu nennen – das wahrscheinlich klassischste Gewürz überhaupt. Die Verwendung von Essig ist ebenfalls Würzen in Reinform. Zumindest bei herkömmlichem Essig, nicht seinen aromatisierten Verwandten.
Prinzipiell fällt deshalb alles unter das Würzen, was ausschließlich die fünf Geschmacksrichtungen auf unserer Zunge zugeschnitten ist – und somit auch Zucker und andere Süßungsmittel ohne Eigeneschmack. Abermals ist jedoch die Grenze zum Aromatisieren verschwommen. Ein Spritzer Zitronensaft beispielsweise ist wegen der Säure ebenso eine Würze, wie er wegen des Zitronengeschmacks ein Aromatisieren ist.
6. Marinieren
Eigentlich ist das Marinieren je nach Art entweder dem Aromatisieren oder dem Würzen zuzuordnen. Da es sich aber so fundamental von der herkömmlichen Herangehensweise des Vermischens mit trockenen oder flüssigen Zutaten unterscheidet, muss es einzeln genannt werden.
Denn Marinieren bedeutet immer das Einlegen in eine aromatisierende und/oder würzende Flüssigkeit. Die Steuerung des Geschmacks ist dabei zwar das wichtigste Ziel, gleichsam jedoch werden die Zutaten durch den Wasseranteil saftiger. Und mitunter wird durch die teils mehrtägige Einwirkzeit unter Verwendung der Mittel sogar ein Reifeprozess in Gang gesetzt – der beispielsweise Fleisch zarter macht.
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